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Trotz beständiger, auch karnevalistischer Versuche, sie zu diffamieren, nimmt die Krawatte noch immer einen festen Platz im Dresscode bestimmter Branchen und an den Hälsen der Würdenträger ein. Ihre Funktion ist dabei mittlerweile so durchschaubar, dass sie längst hinfällig ist. Vermittelte die Krawatte dereinst Seriosität und Integrität der Autorität, trotzt sie diesem Bedeutungsverlust heute als blosses Indiz für das Eingebundensein in Machtverhältnisse nebst Unterwürfigkeit zum Zwecke der Unterwerfung Anderer. Krawatten und jenes zweifelhafte Sozialverhalten sind hierarchisch gegliederten Strukturen immanent und belegen diese optisch, während sie für die Betroffenen selbst ein funktionsloses, lästiges Textil bleiben, welches zu kaum mehr als zur Dekoration taugt.
Da die Krawattenpflicht auch die unteren Etagen erreicht hat, kann sie nicht mehr zur Identifizierung der Position des Gegenübers in der Hierarchie herangezogen werden. Diese erkennungsdienstliche Funktion übernimmt nun die autoritätssensitive Krawatte und wirkt damit auf ihr anachronistischem Dasein prothetisch sinnstiftend und transportiert sie in die Jetztzeit.
Im zivilen Normalzustand weist die Krawatte eine zurückhaltende Gestaltung auf. Nähert sie sich anderen Krawattenträgern, wird deren Position in der Hierarchie abgefragt und entsprechend ändern sich Farbe und Brillianz der Krawatten: die der Angestellten verblassen, während die des Vorgesetzten in aller Kraft hell erstrahlt.
Die veränderlichen Oberfläche wird mittels einer wärmeempfindlichen Beschichtung auf der Krawatte realisiert. Der Autoritätssensor übergibt seine Werte an das darunterliegende, temperaturvariable Gewebe, welches nun aufgeheizt bzw. nicht mehr geheizt wird. Dadurch ändert die Beschichtung ihre Transparenz, die darunterliegende Gestaltung wird freigelegt bzw. verschwindet gänzlich unter beschämend- seriöser Farblosigkeit.

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