Nur vermeintlich stellt die non-narrative zweiteilige Videoarbeit Homo ad Quadratum den Menschen ins Zentrum ihrer Betrachtung. Auf zwei Monitoren in den Auflösungen 4:3 und 16:9 spreizt sich eine identische männliche Figur vor flimmerndem Hintergrund in die Ecken des jeweiligen Bildschirms.
Schon längst hat das Medium das Maß aller Dinge, den Menschen, abgelöst. Der Betrachter der Arbeit fühlt sich an Leonardo da Vincis Vitruvianischen Menschen (1492) erinnert, der Vitruvs antikes Proportionsstudium in einer Form visualisiert hat, die den ideal proportionierten Menschen mit einem perfekten Kreis oder einem Quadrat umgibt, je nachdem, welche natürlich einnehmbarere Position er einnimmt.
In der Jetzt-Zeit führt jeder Versuch der Anpassung an das dominierende Medium unweigerlich zu einer Verzerrung des Menschen, unabhängig von seiner spezifischen Physiognomie.
Mit zunehmender Modernisierung der Medien und ihrer Formate hat das Rechteck das Quadrat verdrängt. Das manieriert verzerrte und regelrecht entkörperlichte Individuum, das versucht sich in diesen formalen Vorgaben zurecht zu finden, muss scheitern. Es kann sich nicht länger einpassen, nicht mehr Bildinhalt werden, findet sich endgültig reduziert auf den Status des konsumierenden Beiwerks und das in einer nicht nur unbequemen sondern geradezu unmöglichen Haltung.
Zudem scheint der entkörperlichte moderne Mensch in diesem endlos geloopten Film der Zeit enthoben. Wie ein Standbild mutet er an und erzeugt eine Irritation der gewohnten Wahrnehmung, da der Betrachter das hier durch das non-narrative Vorgehen sehr zurückgenommen eingesetzte Medium Film auf eine Weise wahrnimmt, mit der man sich sonst einem Tafelbild nähert. Das vergleichsweise dominante Hintergrundflimmern rekurriert auf heutige Sehgewohnheiten. Der Blick des Flaneurs wird immer häufiger auf allgegenwärtige, zum Großteil bewegte Bilder gezogen, obwohl es so häufig gar nichts zu sehen, geschweige denn zu erfahren gibt. In letzter Konsequenz fixiert man ferne Punkte in seinem Inneren, abstrakte Sternenhaufen eines Universums, das sich dem Menschen durch die fortschreitende mediale Erschließung immer weiter öffnen soll und dabei Außen- und Innenwahrnehmung vermischt.
An der Grenze des Vorstellbaren wird die Beschränktheit des Menschen überdeutlich, die heutzutage, wenn überhaupt, nur medial überwunden werden kann und sich stets desjenigen bedient, der versucht das Medium zu bedienen. Beim Medium als Maß aller Dinge hingegen ist theoretisch alles möglich. Dem im 16:9-Format Gekreuzigten bleibt nur mehr eine mediale Überwindung seiner menschlichen Beschränktheit.
Kirsten Kohlhaw
Nur vermeintlich stellt die non-narrative zweiteilige Videoarbeit Homo ad Quadratum den Menschen ins Zentrum ihrer Betrachtung. Auf zwei Monitoren in den Auflösungen 4:3 und 16:9 spreizt sich eine identische männliche Figur vor flimmerndem Hintergrund in die Ecken des jeweiligen Bildschirms.
Schon längst hat das Medium das Maß aller Dinge, den Menschen, abgelöst. Der Betrachter der Arbeit fühlt sich an Leonardo da Vincis Vitruvianischen Menschen (1492) erinnert, der Vitruvs antikes Proportionsstudium in einer Form visualisiert hat, die den ideal proportionierten Menschen mit einem perfekten Kreis oder einem Quadrat umgibt, je nachdem, welche natürlich einnehmbarere Position er einnimmt.
In der Jetzt-Zeit führt jeder Versuch der Anpassung an das dominierende Medium unweigerlich zu einer Verzerrung des Menschen, unabhängig von seiner spezifischen Physiognomie.
Mit zunehmender Modernisierung der Medien und ihrer Formate hat das Rechteck das Quadrat verdrängt. Das manieriert verzerrte und regelrecht entkörperlichte Individuum, das versucht sich in diesen formalen Vorgaben zurecht zu finden, muss scheitern. Es kann sich nicht länger einpassen, nicht mehr Bildinhalt werden, findet sich endgültig reduziert auf den Status des konsumierenden Beiwerks und das in einer nicht nur unbequemen sondern geradezu unmöglichen Haltung.
Zudem scheint der entkörperlichte moderne Mensch in diesem endlos geloopten Film der Zeit enthoben. Wie ein Standbild mutet er an und erzeugt eine Irritation der gewohnten Wahrnehmung, da der Betrachter das hier durch das non-narrative Vorgehen sehr zurückgenommen eingesetzte Medium Film auf eine Weise wahrnimmt, mit der man sich sonst einem Tafelbild nähert. Das vergleichsweise dominante Hintergrundflimmern rekurriert auf heutige Sehgewohnheiten. Der Blick des Flaneurs wird immer häufiger auf allgegenwärtige, zum Großteil bewegte Bilder gezogen, obwohl es so häufig gar nichts zu sehen, geschweige denn zu erfahren gibt. In letzter Konsequenz fixiert man ferne Punkte in seinem Inneren, abstrakte Sternenhaufen eines Universums, das sich dem Menschen durch die fortschreitende mediale Erschließung immer weiter öffnen soll und dabei Außen- und Innenwahrnehmung vermischt.
An der Grenze des Vorstellbaren wird die Beschränktheit des Menschen überdeutlich, die heutzutage, wenn überhaupt, nur medial überwunden werden kann und sich stets desjenigen bedient, der versucht das Medium zu bedienen. Beim Medium als Maß aller Dinge hingegen ist theoretisch alles möglich. Dem im 16:9-Format Gekreuzigten bleibt nur mehr eine mediale Überwindung seiner menschlichen Beschränktheit.
Kirsten Kohlhaw